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Insight

Langfristige Ozeanerwärmung

Die Weltmeere nehmen gigantische Mengen Wärme an der Wasseroberfläche auf und speichern sie; dadurch erwärmt sich das Wasser – mit Folgen für das Klima und für die Meereslebewesen.

Der Ozean funktioniert wie eine gigantische Wärmebatterie. Er nimmt Wärme an seiner Oberfläche auf und speichert sie in zunehmender Wassertiefe. In den zurückliegenden Jahrzehnten haben die Weltmeere mehr als 90 Prozent jener Wärme aufgenommen, die sich wegen der vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen in der Atmosphäre verfangen hat.

Im Jahr 2022 allein schluckte der Ozean etwa 100-mal mehr Energie als die Menschen im selben Zeitraum für die Stromproduktion genutzt haben. Doch die Energie verschwindet nicht im Ozean - sie verändert ihn. Mit zahlreichen Folgen für das Klima und die Umwelt. 

Hitzewellen im Meer

Die stete Wärmezufuhr führt beispielsweise zu einem kontinuierlichen Anstieg der Wassertemperaturen. Aber nicht überall gleichmäßig. Immer häufiger beobachten Forschende, dass sich die Wassermassen in einem bestimmten Meeresgebiet vergleichsweise schnell auf ein Niveau erwärmen, das deutlich über den normalen Durchschnittswerten liegt. Hält diese Erwärmung für mindestens fünf aufeinanderfolgende Tage an, sprechen Fachleute von einer Meereshitzewelle.

Beides, sowohl der kontinuierliche Temperaturanstieg als auch Hitzewellen im Meer, katapultieren die Meeresorganismen aus ihrem gewohnten Temperatur-Wohlfühlbereich. Darunter versteht man jenen Temperaturbereich, in dem die Organismen am effektivsten Stoffwechsel betreiben. Für die meisten gilt nämlich: Je wärmer das Wasser, desto mehr Energie müssen sie aufbringen, um ihren Körper mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Kann die Sauerstoffversorgung nicht mehr gewährleistet werden, besteht Lebensgefahr und die Organismen müssen in kühlere Gewässer abwandern, sofern es diese noch gibt. Dazu sind jedoch nur bewegliche Arten in der Lage.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Temperatur-Wohlfühlbereich im Laufe des Lebens eines Fisches oder einer Muschel verändern kann. In frühen Lebensstadien, das heißt als Embryo im Ei oder als Larve, sind wechselwarme Tiere meist wärmeempfindlicher als in späteren Entwicklungsstufen. Ihre Sensibilität nimmt außerdem weiter zu, wenn die Organismen gleichzeitig auch noch einer steigenden Ozeanversauerung oder aber Sauerstoffarmut ausgesetzt sind. In diesem Fall verstärken sich die Stressfaktoren gegenseitig in ihrer Wirkung. 

Zu wenig Sauerstoff im Wasser

Eine mangelnde Versorgung mit Sauerstoff liegt aber nicht nur an einem schlechter funktionierenden Stoffwechsel der Lebewesen. Wärmer werdendes Meerwasser verliert Sauerstoff und damit einen der wichtigsten Bausteine des Lebens. Im Zeitraum von 1960 bis 2010 haben die Weltmeere mehr als zwei Prozent (rund 77 Milliarden Tonnen O2) ihres Sauerstoffgehalts eingebüßt (*)

Forschende führen diesen Verlust auf zwei Hauptgründe zurück: Einerseits auf die Überdüngung der Meere und andererseits auf die steigenden Wassertemperaturen. Der Prozess wird noch verstärkt durch physikalische Eigenschaften des Wassers. Grundsätzlich gilt: Je kälter und salziger Wasser ist, desto größer ist seine Dichte. Das heißt, desto tiefer ist es im Ozean zu finden. An der Oberfläche wiederum ist wärmeres Wasser, das aufgrund seiner Nähe zur Luft - also der Atmosphäre - viel Sauerstoff enthält. 

Wie tief das Oberflächenwasser reicht und wieviel Sauerstoff in tiefere Regionen der Meere kommen, hängt vom Wind sowie der Luft- und Wassertemperatur ab. Wenn im Sommer also das Wasser an der Oberfläche warm ist, legt es sich wie eine Decke über die kühleren Wasserschichten und es gibt kaum einen Austausch. Selbst starker Wind ändert das nicht. So bleibt das sauerstoffreiche Wasser an der Oberfläche und gelangt nicht mehr in tiefere Schichten. In den unteren Stockwerken der Meere wird dann mehr Sauerstoff verbraucht, als neuer nachkommt - ein Mangel entsteht. 

Viel Energie für Stürme und Starkregen

Schließlich sorgen wärmere Ozeane für stärkere Stürme und häufigeren Starkregen. Der Grund: Wie viel Wasser über den Meeren verdunstet, hängt eng mit der Wasser- und der Lufttemperatur zusammen, denn warme Luft kann mehr Wasserdampf speichern. Das bedeutet, je wärmer das Meerwasser ist, desto einfacher verdunstet es in eine Atmosphäre, die mehr Wasser aufnehmen und transportieren kann. So brauen sich über den Ozeanen zunehmend extreme Wetterlagen zusammen. Nicht umsonst werden die Meere auch unsere “Wetterküche” genannt.

Für die Küsten bedeutet dies eine doppelte Bedrohung: Einerseits durch die zunehmenden Wetterextremen und andererseits durch den höheren Meeresspiegel. Denn auch der ist eine Folge wärmerer Ozeane: Warmes Wasser dehnt sich aus. 

Dieses physikalische Naturgesetz hat dazu beigetragen, dass der globale Meeresspiegel im Jahr 2018 um etwa 20 Zentimeter höher war als im Jahr 1900. Bis zum Anfang des 21 Jahrhunderts war die Ausdehnung des Wasser infolge der steigenden Meerestemperaturen der Hauptgrund für den Anstieg des Meeresspiegels (*). Seitdem trägt das Abschmelzen der Eisschilde und Gletscher in Arktis und Antarktis stark dazu bei - mit zunehmender Geschwindigkeit. 

Die Erwärmung der Meere und Ozeane hat also dramatische Folgen. Das Fatale ist, dass die physikalischen Prozesse sich nicht nur selbst verstärken können, sondern dass sie zusätzlich die marinen Ökosysteme beeinträchtigen, die bereits durch starke Nutzung wie Fischerei, Rohstoffabbau oder Verschmutzung geschädigt sind. Der Klimaservice der Ozeane, viel Wärme zu schlucken, hat in Summe einen (zu) hohen Preis. Es ist darum wichtig, die Meereserwärmung bei Entscheidungen zur Nutzung der Ozeane zu berücksichtigen. Im Sinne von: Weniger ist mehr. 

Quellen

  • (*) World Ocean Review 7, "Lebensgarant Ozean - nachhaltig nutzen, wirksam schützen" (2021), Kapitel 2 "Der Ozean im Klimawandel"

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