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Fokus

Meeresschutzgebiete in Deutschland

Schutzgebiete sind wichtiger Baustein zum Erhalt der Meeresumwelt – allerdings nur, wenn die Schutzmaßnahmen auch vollständig umgesetzt werden.

In der deutschen Nord- und Ostsee (Küstenmeere und AWZ) sind mittlerweile etwa 45 Prozent der Fläche ausgewiesene Schutzgebiete. Diese dienen zum einen dem Schutz von Meeressäugern wie Schweinswal und Kegelrobbe. Zum anderen sollen sie Fischarten wie Stör und Finte sowie zahlreichen Seevogelarten sichere Rückzugsorte bieten und dazu beitragen, bedeutsame Lebensräume wie Riffe und Sandbänke zu erhalten. Die dazu notwendigen Schutzmaßnahmen sind allerdings noch nicht vollständig umgesetzt.

Zu den deutschen Meeresschutzgebieten gehören drei Wattenmeer-Nationalparks in der Nordsee, zwei Nationalparks in den Küstengewässern Mecklenburg-Vorpommerns, sechs Naturschutzgebiete in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) sowie weitere Natura-2000 Schutzgebiete in den Küstengewässern. Diese sind Teil des EU-weiten Natura-2000-Schutzgebietsnetzwerks.

Bund und Küstenländer in der Verantwortung

Die küstennahen Schutzgebiete werden von den Küstenländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern verwaltet. Für die Naturschutzgebiete in der AWZ ist der Bund verantwortlich, vertreten durch das Bundesumweltministerium und das Bundesamt für Naturschutz (BfN). Die BfN-Fachleute haben die entsprechenden Managementpläne erstellt. Die Schutzzonen in der AWZ sind zudem in der marinen Raumordnung festgeschrieben. Diese legt fest, für welche Zwecke die Meeresgebiete in der deutschen AWZ genutzt werden dürfen. 

Alle Bewertungen zum Zustand und möglichen Veränderungen der Lebensgemeinschaften in den Meeresschutzgebieten der Nord- und Ostsee erfolgen auf Basis der Europäischen Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie. Dieses Regelwerk bildet den übergreifenden Aktions- und Bewertungsrahmen. Mit ihm hatte sich die Europäische Union im Jahr 2008 dem Ziel verschrieben, den Schutz und die Nutzung der europäischen Meere in Einklang zu bringen. Dafür sollten der Umweltzustand der Meere bis zum Jahr 2020 deutlich verbessert und die Ökosysteme langfristig erhalten werden. Der mit der Richtlinie verbundene Aktionsplan aber wurde in den zurückliegenden Jahren deutlich schleppender umgesetzt als erhofft. Der geforderte gute Umweltzustand der europäischen Meere ist noch längst nicht erreicht.

Schutzaufträge des Meeresnaturschutzes in deutschen Gewässern

Der Meeresnaturschutz umfasst verschiedene Schutzaufträge, die sich auf bestimmte Schutzgüter richten. Wesentliche Bestandteile sind neben dem Artenschutz der Gebietsschutz sowie die Erhaltung, Wiederherstellung oder die Entwicklung von Biotopen und Biotopverbünden. Dazu gehören zum Beispiel Salzwiesen und Wattflächen im Küstenbereich, Seegraswiesen, Riffe, Sandbänke, Schlickgründe mit bohrender Bodenmegafauna sowie artenreiche Kies-, Grobsand- und Schillgründe im Meeres- und Küstenbereich. 1

 

Das Weltnaturerbe Wattenmeer

Das Wattenmeer ist eine Küstenlandschaft mit einer einzigartigen Diversität an Tier- und Pflanzenarten. 2009 wurde das Wattenmeer in das UNESCO-Weltnaturerbe aufgenommen. Mit dem Trilateralen Wattenmeer Abkommen verpflichten sich die drei Länder Dänemark, Deutschland und die Niederlande, dieses Ökosystem für heutige und zukünftige Generationen zu schützen und zu erhalten.

Zum Weltnaturerbe Wattenmeer

Schutzgebiete mit vielfachem Nutzen

Die meisten deutschen Meeresschutzgebiete unterliegen den Natura 2000-Schutzkriterien. Das heißt, bestimmte Aktivitäten sind generell untersagt, um gemäß der jeweiligen Schutzziele ausgewählte Arten und Lebensräume nicht zu gefährden. Verboten sind zum Beispiel das Bauen von Anlagen und Bauwerken, die Fischerei mit geschleppten, bodenberührenden Fanggeräten oder Stellnetzen, das Errichten von Aquakulturen und das Einbringen von Baggergut.

Andere Nutzungen hingegen sind in den meisten Schutzzonen gestattet. 17 verschiedene Nutzungsformen listen Fachleute allein für die Meeresschutzgebiete in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone in der Ostsee – darunter die Freizeit- und Berufsschifffahrt, die Fischerei, das Verlegen von Kabeln und Pipelines sowie militärische Übungen auf, unter sowie über dem Wasser. In einigen Gebieten ist auch die Bodenschleppnetzfischerei noch immer erlaubt. Wissenschaftler kamen deshalb im Frühjahr 2021 zu der Einschätzung, dass ein effektiver Schutz der marinen Lebensräume in der deutschen Ostsee nicht sichergestellt werden kann – auch nicht innerhalb der Schutzgebiete. 2

Aktuelle Aufgabe der Wissenschaft: Den Ist-Zustand und erste Veränderungen erfassen

In verschiedenen Forschungsprojekten in Nord- und Ostsee untersuchen Fachleute derzeit den Ist-Zustand der Lebensgemeinschaften, um nach der Unterschutzstellung erfassen zu können, inwiefern Zielarten und -lebensräume von den Schutzmaßnahmen profitiert haben oder werden. Fischereiexpert:innen dokumentieren zum Beispiel in der Ostsee, welche Fischarten in der Odermündung und im Fehmarnbelt am Boden leben. Ihre Daten dienen als Ausgangsbasis, anhand deren künftig untersucht werden kann, ob die Bestandsdichte und Artenvielfalt der Fische ansteigen, wenn die mobile, bodenberührende Fischerei (Grundschleppnetze) wie geplant verboten wurde. Entsprechende Beschlüsse sind bereits auf EU-Ebene getroffen worden. Während sie in den Natura 2000-Gebieten der Nordsee bereits gelten, werden die entsprechenden Vorschriften für die Gebiete in der Ostsee erst in Kürze veröffentlicht (Stand: Januar 2024).

Im Nationalpark Wattenmeer werden im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen Deutschland, Dänemark und den Niederlanden regelmäßige Bestandszählungen für Robben, Fische und Seevögel vorgenommen. Außerdem wird der Zustand von Muschelbänken, Salzmarschen, Seegraswiesen und Tangwäldern überwacht. 3

Da viele deutsche Meeresschutzgebiete noch vergleichsweise jung sind, wird es noch einige Zeit dauern, bis die Auswirkungen der Schutzmaßnahmen umfassend beurteilt werden können. Mitunter vergehen nämlich mehrere Jahrzehnte, bis die Ökosysteme des Meeres auf verbesserte Umweltbedingungen reagieren. 

Mehr Informationen zu den nationalen Meeresschutzgebieten und zum Management der Schutzgebiete gibt es beim Bundesamt für Naturschutz 

1. Janssen, G., Schachtner, E., Werner, M., Schiele, K. S., Darr, A., Maack, L., Garthe, S., Fließbach, K., Siebert, U., Unger, B., Schuchardt, B., Schmitt, P., Langsenkamp, C., & Steitz, M. (2022). Integration mariner Naturschutzbelange in die zukünftige deutsche Meeresraumordnung. doi.org/10.19217/skr601

2. Kriegl, M., Elías Ilosvay, X. E., von Dorrien, C., & Oesterwind, D. (2021). Marine Protected Areas: At the Crossroads of Nature Conservation and Fisheries Management. Frontiers in Marine Science, 8. doi.org/10.3389/fmars.2021.676264

3. Kloepper S. et al. (2017). CWSS Introduction. In: Wadden Sea Quality Status Report., Common Wadden Sea Secretariat, Wilhelmshaven, Germany. Last updated 01.03.2018. Downloaded 30.08.2024. qsr.waddensea-worldheritage.org/reports/introduction 

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