Der Ausbau der Offshore-Windenergie hat im zurückliegenden Jahrzehnt weltweit stark zugenommen, insbesondere in China. Auch in Deutschland ist die Energiegewinnung auf See ein wesentlicher Faktor, um den Energiesektor zu transformieren und auf erneuerbare Quellen umzustellen. Im Zuge technischer Optimierungen werden heutzutage nicht nur immer größere Offshore-Windräder gebaut. Die Windparks werden auch in immer größerem Abstand zum Festland errichtet, da weiter draußen auf See bessere Windverhältnisse herrschen. Inzwischen gibt es sogar Konzepte, die durch Windkraft erzeugte Energie direkt auf dem Meer zu nutzen, um grünen - also emissionsarmen - Wasserstoff und andere Folgeprodukte herzustellen.
In Deutschland sind aktuell (Stand 2024) 29 Offshore-Windparks in Betrieb, wobei der Großteil davon in der Nordsee liegt. Im kleinsten Park Alpha Ventus drehen sich zwölf Windräder und in den größten Parks (zum Beispiel Meerwind oder Baltic 2) sind es 80 Windanlagen. Planungen für zukünftige Projekte sehen deutliche Steigerungen gegenüber den Bestandsanlagen vor.
Bei der Planung von Offshore-Windparks muss aber auch der Naturschutz von Anfang an mit bedacht werden. Denn Offshore Windparks beeinflussen marine Ökosysteme durch eine Vielzahl zusammenhängender physikalischer, biogeochemischer, chemischer und biologischer Prozesse: Während der Planung, dem Bau, dem Betrieb und schließlich auch während des Rückbaus und der Stilllegung kommt es zu Belastungen der Umwelt.

Der Ausbau von Offshore-Windkraftanlagen wird in vielen Ländern vorangetrieben. Welche Auswirkungen hat der großflächige Windkraft-Ausbau in Nord- und Ostsee auf die Meeresumwelt? Dieser Fokus gibt einen Überblick.
Andere erneuerbare Energiequellen aus dem Meer
Neben der Offshore-Windkraft gibt es noch weitere Ansätze, Energie aus den Kräften der Meere zu gewinnen. Diese Technologien befinden sich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien, haben aber langfristig durchaus Potential zum Einsatz zu kommen. Der Europäischen Kommission zufolge sind drei besonders vielversprechend: Strömungs- und Gezeitenkraftwerke, Wellenkraftwerke sowie die schwimmende Photovoltaik[1].
Ein Strömungs- und Gezeitenkraftwerk beispielsweise nutzt die Energie von Meeresströmungen oder Gezeitenbewegungen, um Strom zu erzeugen. Diese Anlagen bestehen meist aus Unterwasserturbinen, die ähnlich wie Windkraftanlagen funktionieren. Die durch Wasserströmung erzeugte Bewegung wird erst in Rotationsenergie umgewandelt und anschließend in Strom. Strömungskraftwerke arbeiten oft kontinuierlich, da Meeresströmungen konstant fließen, während Gezeitenkraftwerke auf die regelmäßigen Ebbe- und Flutzyklen angewiesen sind. Beide Kraftwerkstypen sind umweltfreundlich, da sie keine Emissionen erzeugen, haben jedoch potenzielle ökologische Auswirkungen auf marine Lebensräume.
In Deutschland gibt es bislang keine Gezeiten- oder Strömungskraftwerke. Nord- und Ostsee bieten aufgrund ihres vergleichsweise niedrigen Tidenhubs, der selten mehr als 3,5 Meter beträgt, nur begrenzte Möglichkeiten für Energie aus den Gezeiten. Um wirtschaftlich rentabel zu sein, wird von einem Mindesttidenhub von etwa fünf Metern ausgegangen. Deutschland konzentriert sich stattdessen auf die Entwicklung von Technologien für Strömungskraftwerke, die potenziell in internationalen Projekten zum Einsatz kommen können. Ein Beispiel dafür ist das Kraftwerk Orbital O2, das in Großbritannien grüne Energie erzeugt und von der EU mitfinanziert wird.

Wellenkraftwerke sind streng genommen eine Form von Strömungskraftwerken - sie nutzen aber nicht die Energie der Strömungen unterhalb der Wasseroberfläche, sie verwandeln stattdessen die Energie von Wellen an der Meeresoberfläche in elektrischen Strom. Es gibt verschiedene Arten, wie das funktionieren kann. Einige Anlagen fangen die Wellen in großen Kammern ein, wo sie Luft zusammenpressen, die dann Turbinen antreibt (so genannte oszillierende Wassersäulen). Andere sehen aus wie lange Schlangen auf dem Wasser und bewegen sich mit den Wellen auf und ab, um Strom zu produzieren (Attenuatoren).
Manche Kraftwerke leiten wiederum die Wellen über eine Rampe in ein Becken, aus dem das Wasser dann durch Turbinen zurück ins Meer fließt. Es gibt auch schwimmende Anlagen, die man an verschiedenen Stellen im Meer einsetzen kann. All diese Methoden haben das gleiche Ziel: Die Kraft der Wellen in elektrische Energie umzuwandeln[2]. In Deutschland hat die Fachhochschule Kiel ein Wellenkraftwerk in Form einer Boje. Es nutzt das Energiepotenzial der Wellen, indem ein Schwimmkörper eine vertikale Bewegung relativ zu einer Stab-Boje durchführt[3] - immer hoch und runter.
Ein ganz anderer Ansatz wird mit der schwimmenden Photovoltaik (Floating PV) verfolgt. Hier geht es nicht um Wasserkraft, sondern vielmehr um die Sonnenenergie. Im Binnenland gibt es bereits vereinzelt PV-Anlagen auf Stau- oder Baggerseen - die Idee ist also nicht gänzlich neu. In Deutschland wird sie bisher allerdings nicht für die Nord- oder Ostsee verfolgt. In anderen europäischen Ländern gibt es dagegen erste Projekte, zum Beispiel seit 2023 in der belgischen Nordsee. Da PV auf dem Meer bisher als unwirtschaftlich gilt, gibt es Überlegungen, das so genannte Floating-PV mit Offshore-Windkraft zu kombinieren.
Fossile Energie aus dem Meer

Öl und Gas werden seit über 100 Jahren aus dem Meeresboden gewonnen. Die Lagerstätten in relativ flachem Wasser (bis etwa 400 Meter Tiefe) sind allerdings inzwischen weitgehend ausgebeutet, darum muss ins tiefere Wasser ausgewichen werden, was höhere technische Anforderungen und Risiken mit sich bringt. Wann sich eine Förderung aus dem Tiefwasserbereich lohnt, hängt letztlich am Ölpreis. Grundsätzlich gilt: Je tiefer das Wasser, desto teurer die Förderung. Es lohnt sich also nur dann, wenn sich Öl und Gas teuer verkaufen lassen.
Durch moderne Erkundungsverfahren können mittlerweile Lagerstätten bis in eine Tiefe von zwölf Kilometer aufgespürt werden. Dabei wurden in den vergangenen Jahren immer wieder neue Öl- und Gasvorkommen im Meeresboden entdeckt. Die meisten Gebiete im tiefen Wasser werden derzeit erkundet - es gibt aber auch erste (Probe)Bohrungen.
In der Nordsee befinden sich verschiedene Erdöl- und Erdgaslagerstätten, die wirtschaftlich genutzt werden. In der deutschen Nordsee gibt es eine Ölförderplattform. Sie befindet in Küstennähe im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und erschließt das Erdölfeld „Mittelplate“. Die Genehmigung hierfür wurde 1987 noch vor Einrichtung des Nationalparks erteilt und läuft bis zum Jahr 2041. Eine aktive Gasförderplattform gibt es in der deutschen Nordsee ebenfalls. Sie liegt in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) nahe der Doggerbank.
Weiterhin gibt es ein umstrittenes Projekt: Der niederländische Öl- und Gaskonzern One Dyas baut aktuell eine Gasbohrplattform in der Nordsee vor Borkum. Die Plattform befindet sich zwar im niederländischen Bereich, allerdings sollen Bohrungen unter dem Meeresboden auch bis in deutsches Gebiet reichen. Gegen das Projekt laufen gerichtliche Klagen von Umweltschutz-Organisationen. Sie befürchten negative Folgen für das Wattenmeer.
[1] World Ocean Review 7, "Lebensgarant Ozean - nachhaltig nutzen, wirksam schützen" (2021), Kapitel 5 "Energie und Rohstoffe aus dem Meer“
[2] erneuerbare-energien-aktuell.de/wasserkraft/wasserkraftwerk/wellenkraftwerk/
[3] www.fh-kiel.de/news/energiewende-auf-dem-wasser-fh-kiel-tauft-prototyp-eines-wellenkraftwerks/