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Einblick

Fischerei und Aquakultur im Meer

Fisch und Meeresfrüchte gehören zu den am häufigsten gehandelten Nahrungsmitteln der Welt; doch nur eine nachhaltige Nutzung kann den Fortbestand dieser lebenden Ressourcen gewährleisten.

Fisch und Meeresfrüchte gehören zu den am häufigsten gehandelten Nahrungsmitteln der Welt. Rund 3,3 Milliarden Menschen decken mittlerweile einen Teil ihres Eiweißbedarfes durch den Verzehr von Fisch.

Immer häufiger stammt der Fisch auf unseren Tellern aus Aquakulturhaltung. Im Jahr 2022 aber wurden offiziellen Zahlen zufolge noch immer 79,7 Millionen Tonnen Fisch in den Meeren gefangen(1). Addiert man die vielen illegalen Fischzüge und den entsorgten Beifang hinzu, beläuft sich die Fangmenge auf mehr als 100 Millionen Tonnen Fisch pro Jahr.

Für Millionen von Menschen ist Fisch die Lebensgrundlage. Einerseits als Nahrung, andererseits als berufliches Einkommen. Während viele kleine und mittlere Fischereibetriebe ihre Arbeit in den Industrienationen aufgeben mussten, ist der Fischfang in zahlreichen Schwellen- und Entwicklungsländern ein wichtiger Erwerbszweig für die lokale Bevölkerung. Schätzungen der Welternährungsorganisation FAO zufolge, sind bis zu 820 Millionen Menschen direkt oder indirekt von der Fischerei abhängig. Die Zahl der Fischer wird dabei auf rund 54 Millionen weltweit geschätzt (davon 87 Prozent in Asien) - alle anderen sind die Familien der Fischer sowie Zulieferer und deren Familien(2)

Industrie und Handwerk — verschiedene Arten der Fischerei

Grundsätzlich unterschieden wird zwischen industrieller Fischerei und handwerklicher Fischerei. Erstere wird mit riesigen Fabrikschiffen betrieben, die mehr als 40 Meter lang sein können und die wochenlang auf See sind. So genannte Super-Trawler messen sogar über 80 Meter Länge. Die gefangenen Seetiere werden bereits an Bord verarbeitet und gefrostet. Anschließend wird die Ware global verkauft. 

Auf der anderen Seite steht die handwerkliche Fischerei, die mit kleinen Booten oder Kuttern betrieben wird. Diese Kleinfischer fahren meistens nur für einen Tag raus und fischen in Küstengewässern. Zwischen diesen beiden Ausprägungen von Fischerei gibt es zahlreiche Abstufungen von Betriebs- und Schiffsgrößen(2).

Super-Trawler fischen die Meere leer

Die industrielle Fischerei ist wirtschaftlich effizient organisiert und auf riesige Fangmengen ausgelegt. Sie kann billig produzieren und entsprechend ihre Fänge günstig anbieten. Dadurch bedroht die industrielle Fischerei einerseits die Ökosysteme der Meere - sie fischt sie so lange leer, bis die Bestände zusammenbrechen. Fangquoten mindern das Problem, haben den Zusammenbruch vieler Fischbestände trotzdem nicht stoppen können. 

Andererseits mussten in den vergangenen Jahren viele kleinere und mittlere Fischereibetriebe ihr Geschäft aufgeben, da sie nicht mit den Preisen der Fabrikschiffe mithalten können. Auch schrumpfen ihre Fangmengen, da es immer weniger Fische gibt. Das ist in Schwellen- und Entwicklungsländern genauso der Fall wie in den Industrienationen. In der EU und Großbritannien wird die Fischerei vielerorts von wenigen großen Unternehmen dominiert. So werden die typischen Krabbenkutter an Nord- und Ostsee ständig weniger.

Welchen Schaden diese seit Jahrzehnten andauernde intensive Befischung der Meere verursacht, können nicht einmal Fachleute klar beziffern. Nur knapp die Hälfte der offiziellen Fangmenge stammt aus Beständen, die wissenschaftlich überwacht werden. Von diesen gelten mehr als ein Drittel als überfischt. Über den Zustand der restlichen Fischpopulationen ist nichts bekannt(3).

Forschung zum Strukturwandel in der Fischerei

Die Zahl der Betriebe in der deutschen Fischerei geht seit Jahren zurück. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Die Fischbestände gehen dramatisch zurück und entsprechend gering sind die Fangquoten ausgelegt. Hinzu kommt zunehmende Konkurrenz im Meer zwischen Fischerei, Energiegewinnung, Schifffahrt, Sand- und Kiesabbau sowie diversen anderen Nutzungen.

Der handwerkliche Fischfang ist aber langfristig gefährdet, wenn die Flotte der Küstenfischerei sich weiter radikal verkleinert. Hier droht nicht nur der Abbau von Arbeitsplätzen in der Fischerei, bei Zuliefer- und Abnahmebetrieben von Fisch. Auch die regionale Versorgung mit frischem Fisch ist gefährdet.

Das Thünen-Institut für Seefischerei erforscht diesen Strukturwandel. Ziel ist es herauszuarbeiten, wie eine Neuausrichtung der Küstenfischerei ausgestaltet werden kann, damit sie ihre kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Funktionen für die Küste erfüllen und die nachhaltige Nutzung von Meeresfischen und -früchten in Zukunft gewährleisten kann.

Mehr unter https://www.thuenen.de/de/institutsuebergreifende-projekte/strukturwandel-in-der-kuestenfischerei 

Ist Fisch aus Aquakulturen die Lösung?

Die weltweiten Fischbestände stehen unter hohem Druck und sind weitgehend überfischt. Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung und mit ihr der Hunger auf Fisch. Vielerorts wird deshalb ein relativ neuer Weg gegangen: Die Fische werden in Aquakulturen gezüchtet. In den 1970er Jahren waren Aquakulturen noch recht unbedeutend, heute liefern sie ähnlich viel Fisch wie die Fischerei. 

Aquakulturen sind unterschiedlich über die Welt verteilt. China und Norwegen sind führend in dem Bereich. Allerdings gelten Aquakulturen aus verschiedenen Gründen als problematisch. Zum Beispiel:

  • Nährstoffe und Kot aus intensiv bewirtschafteten Fischfarmen tragen zur Überdüngung der Meere bei.
  • Die Massentierhaltung unter Wasser fördert die Verbreitung von Krankheiten unter den Fischen.
  • Zur Bekämpfung von Krankheiten werden Antibiotika und andere Medikamente eingesetzt, die anschließend ins Meer gelangen.
  • Für Aquakulturen werden natürliche Küsten-Ökosysteme zerstört.

Nachhaltiges Fischereimanagement notwendig

Angesichts dieser kritischen Situation, arbeiten Fischereiexperten und -expertinnen an Konzepten für eine nachhaltige Fischerei und Aquakultur. Ein Schwerpunkt ist die Bekämpfung illegaler Fischerei, bei welcher die Kombination von Schiffs- und Satellitendaten inzwischen zu wichtigen Erfolgen führt. Beim Fischereimanagement setzen die Fachleute auf ökosystembasierte Lösungen, die Fachwissen über den Zustand der lokalen Fischbestände ebenso in die Planungen mit einbeziehen wie die Bedürfnisse der Fischer und Küstenbevölkerung. Zudem sollen alle Interessengruppen an Entscheidungen beteiligt werden. 

In der Aquakultur lautete das Ziel, die schädlichen Umweltauswirkungen der Intensivhaltung zu minimieren. Dafür werden zum Beispiel geschlossenen Kreislaufsysteme entwickelt, pflanzliche Futtermittel auf ihre Eignung getestet sowie Fische, Pflanzen und Filtrierer in einer Anlage gehalten, sodass Nährstoffe direkt wiederverwertet werden. Allerdings fehlen bislang sowohl in der Aquakultur als auch in der Fischerei der politische Wille und mancherorts auch die finanziellen Mittel, bekannte oder neue Schutzkonzepte flächendeckend umzusetzen.

Quellen

  • (1) Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO), 2024: "The State of World Fisheries and Aquaculture 2024 – Blue Transformation in action", Rome. doi.org/10.4060/cd0683en
  • (2) World Ocean Review 2, "Die Zukunft der Fische - die Fischerei der Zukunft" (2013), Kapitel 2 "Von Fischen und Menschen"
  • (3) World Ocean Review 7, "Lebensgarant Ozean - nachhaltig nutzen, wirksam schützen" (2021), Kapitel 3 "Nahrung aus dem Meer"

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